Frühere Orgeln in der Egerner Pfarrkirche St. Laurentius
In der ausführlichen und mit vielen Quellenhinweisen belegten ,,Chronik der
Pfarrei Egern am Tegernsee" des Johann Nepomuk Kißlinger, Pfarrer zu Egern
von 1897 bis 1920, findet sich der erste Hinweis auf eine Orgel in St. Laurentius.
Er schreibt über Pfarrvikar Pater Plazidus Schiltl, 1717 bis 1725 Pfarrer zu Gmund:
,,Während seiner Pastoration erhielt die Kirche zu Egern eine neue Orgel.
Ihm gelang es auch beim Abte die Errichtung einer eigenen Schule für Egern
durchzusetzen. Aus der Formulierung ,,eine neue Orgel" kann entnommen
werden, dass es auch vor diesem Zeitpunkt schon eine Orgel in St. Laurentius gab.
Über diese oder etwaige weitere frühere Orgeln wissen wir leider gar nichts. Die
unter Plazidus Schiltl gebaute Orgel füllt in die Zeit der Barockisierung der Egerner
Pfarrkirche. Der historische Orgelprospekt wird nach Auskunft von Experten auf
die Zelt zwischen 1740 und 1760 eingestuft.
1909 wurde in der Kirche das elektrische Licht installiert, und im gleichen Jahr
eine neue Orgel mit elektrischem Gebläse eingebaut. Der Kirchenchor besitzt einen
Bilderrahmen mit Fotografien und einer Inschrift: ,,Die Orgel entstand durch die
Bemühungen des Hauptlehrers Stadler der von 1888 bis 1920 hier wirkte."
Das Foto in der Bildmitte zeigt das Ehepaar Stadler. Nach persönlicher Mitteilung
unseres Vereinsmitglieds Thomas Stadler, Urenkel des Hauptlehrers Josef Stadler,
befinden sich hinter den Fotografien im Bilderrahmen Zettel mit Spendenangaben
für diese Orgel und die Spendernamen. Diese Information bestätigt auch unser
Vereinsmitglied Hans Guggenbichler, dessen Großvater ebenfalls für die Orgel
aus dem Jahr 1909 gespendet hatte. Der Bilderrahmen umfasst fünf Fotos, eine
Zusammenstellung der gesammelten Spenden mit einem Gesamtbetrag von 7.500 Mark
und folgende Widmung vom 1. März 1920 des Hauptlehrers Josef Stadler:
,,Möge das Werk bis inferne Zeiten der christlichen Erbauung dienen, Gott aber
allen Beteiligten gnädig sein."
Der 1. März 1920 war das Pensionierungsdatum von Josef Stadler, d. h. der
Bilderrahmen mit der Widmung war in gewisser Weise das Vermächtnis dieses
gottesfürchtigen Mannes. Die ,,fernen Zeiten" endeten jedoch schon nach ca. 50 Jahren.
1971 hatte der junge Orgelbaumeister Günter Ismayr eine Orgel erstellt,
die jedoch kein neues Werk war, wie viele Pfarrangehörige lange Zeit annahmen.
Sondern er baute unter Verwendung des historischen Orgelprospekts und eines
großen Teils der alten Pfeifen, „auftragsgemäß" ein kostengünstiges Orgelwerk zum
Preis von nur 57.000 DM. Pfarrer Josef Kronast und die Kirchenverwaltung hatten
nämlich große Baumaßnahmen in den 1960er Jahren verwirklicht (Kindergartenbau,
neues Kirchendach, Turmrenovierung und Innenrenovierung der Pfarrkirche).
Deshalb war der finanzielle Spielraum für eine Orgel bereits damals gering.
25 Jahre erfüllte die Ismayr-Orgel brav ihre Dienste. Allerdings entsprach die
alte Orgel in den letzten zehn Jahren nicht mehr den kirchenmusikalischen
Ansprüchen. Da half auch kein Stimmen der Orgelpfeifen mehr. Mit dem Plan
zum Bau eines ganz neuen Orgelwerkes ergab sich für die Pfarrei allerdings ein
schier unlösbares finanzielles Problem, da Anfang der 1990er Jahre erneut eine
aufwändige Kirchenrenovierung stattfand (Festigung und Ergänzung des Stucks,
Freilegung der Rokokofarbigkeit). Für die Restaurierung von Heiligenfiguren wurden von Pfarrangehörigen sogar persönliche Patenschaften übernommen.
Diese außergewöhnlichen Aktionen veranlassten die damalige Kirchenchorsängerin
Helene Höß - ein späteres Gründungsmitglied - zu einem entsprechend kreativen Handeln in Bezug auf die Orgelpfeifen. Roland Götz berichtet hierzu:
,,Zum Sechzigsten verzichtete sie auf Geschenke und bat ihre Gäste um a kloane Spende für der Laurenzikirch' ihrene neien Orgelpfeifn - auch Nichtsängern zur Nachahmung wärmstens empfohlen!" Nach ihren eigenenAngaben war die Aktion sehr erfolgreich.